Dienstag, 28. August 2007
Wir sind alle überschuldet

Gustloff:
Menschen mit viel Geld werden von Sozialabgaben weistestgehend befreit, weil sie sich es leisten können. Sie haben nicht die moralische Gesinnung (Patriotismus?), aber dafür das Geld um sich frei zu kaufen. Hinzu kommt, dass Kapital heute viel beweglicher ist als vor 20 Jahren. Steuern? Kein Problem: Immobilien in Spanien! Abgeltungssteuer 2009? Kein Problem: Privatfond im Ausland! Erbschaftssteuer? Kein Problem: Schiffsbeteiligungen!

Man dreht sich da argumentativ ja im Kreise, Gustloff:
Sie wollen mit einer "Elite" das viele Geld verdienen, mit dem diese gerade abhaut.
Es ist diese künstliche Dualität vom "guten Geld" und den "bösen Schulden", die es ermöglicht hat, die Habenden (über ihr Haben) als "Leistungsträger" und die Verarmenden als "Sozialschmarotzer" darzustellen. Diese Abkoppelung fand immer zuerst im Kopf statt - dann erst in der entsprechenden Steuersenkung.

Ich bin mir ziemlich sicher, dass der Zusammenhang zwischen Geld und Schuld, so einfach er ja eigentlich ist, den meisten trotzdem tatsächlich nicht mehr bewußt war. Anders kann man unseren Staat, der mit seinen Schulden hier ja in Wahrheit die Grundlage für ca. ein Drittel des persönlichen Reichtums schafft (und das auch heute), ja nun kaum als "bösen Räuber" darstellen, der sich mit seinen Steuern an sowas wie dem "guten Privateigentum" vergreift.
Das ist eine regelrechte Propaganda-Leistung.

Gustloff:
Tja, durch wen sollte man auch davon hören...? Pro7Sat1? Zeitungsverlage?

Die Tagesschau zeigte vor ein paar Tagen eine Aktion der INSM vor dem Gebäude, wo sich unsere Koalition traf. "Reformen bitte nicht auf Eis legen" nannte sich das Ding. Es war bloß nicht die INSM, jedenfalls nicht in der Tagesschau: Dort war es eine "arbeitgebernahe Initiative". Wäre es nämlich die INSM gewesen, wäre sie inzwischen wohl für viele Zuschauer zusätzlich auch noch medien- und politiknah gewesen.

Zitiert man Scientology, ohne sie zu benennen?
Aber so weit ist die Tagesschau leider (noch) nicht ...

Gruß
marvin
Antwort auf http://forum.tagesschau.de/showthread.php?p=665947#post665947
zensiert um ca. 18:30

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Die Tagesschau zeigte vor ein paar Tagen eine Aktion der INSM vor dem Gebäude, wo sich unsere Koalition traf. "Reformen bitte nicht auf Eis legen" nannte sich das Ding. Es war bloß nicht die INSM, jedenfalls nicht in der Tagesschau: Dort war es eine "arbeitgebernahe Initiative"...

Hallo marvin,
also ich hab’ mal aus meinem Mustopf herausgeguckt. Die Sache ist wohl so:

In der TS um 16.00 und um 20.00 Uhr war’s eine „arbeitgebernahe Initiative“. Um 14.00 Uhr hieß es tatsächlich „INSM“ (den Link zu dieser TS finden Sie hier).

Mit der TS von 17:00 Uhr des 24.08. komme ich noch nicht so ganz klar. Dort waren es „Kritiker“ welche „die Regierung mahnen die Reformen nicht auf Eis zu legen, aber die Regierungsfahrzeuge haben einen anderen Weg genommen.“

Hä? Müssen Müntel und Merkefehring in Zukunft laufen?

M.f.G.
Qw

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Hallo quallenwanze,
Das um 17:00 wird wohl zu den Wunschbildern noch der Wunschtext gewesen sein: "Kritiker" wirkt ja ziemlich bürgernah, dagegen war dann der Hinweis der späteren Ausgaben schon Gold. Vermutlich sehnen sie sich nach den Zeiten, als der BR sie noch zu dritt und ohne Konkurrenz Meinungspingpong spielen ließ.

Sowas ist für mich kein Zufall: Die Brisanz dieser Organisation dürfte den Verantwortlichen schließlich bekannt sein. "Nachrichten" produzieren ja alle Lobbyorganisationen über solche Aktionen, die guten wie die bösen. Der einsame Kritiker hätte sowieso wenig Chancen, in diese erlauchte Sendezeit einzudringen. Bloß wäre Greenpeace bei so einer Aktion eben immer Greenpeace, und jeder weiß bescheid.
Mehr erwarte ich doch gar nicht: Die INSM ist die INSM, sauber benannt - und jeder weiß bescheid ...

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Hallo marvin.

Die INSM ist die INSM, sauber benannt - und jeder weiß bescheid ...

Nein, eben nicht, weil schon der Bekanntheitsgrad dieses Kürzels der PR-Abteilung der Arbeitgeberverbände der Metall- und Elektro-Industrie von „Greenpeace“ noch meilenweit entfernt ist – ganz zu schweigen, wenn es um das Wissen von konkreten Inhalten und Zielen geht.

Bei der Hans Böckler Stiftung bspw. wird regelmäßig die SPD-Nähe bzw. die Gewerkschaftsnähe erwähnt. In den Berichten der TS zu dieser Aktion hätte nach meiner Meinung ebenfalls beides genau benannt werden müssen: sowohl die INSM als auch deren Arbeitgebernähe.

M.f.G.
Qw

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Nein, eben nicht, weil schon der Bekanntheitsgrad dieses Kürzels der PR-Abteilung der Arbeitgeberverbände der Metall- und Elektro-Industrie von „Greenpeace“ noch meilenweit entfernt ist – ganz zu schweigen, wenn es um das Wissen von konkreten Inhalten und Zielen geht.

Da beißt sich doch die Katze in den Schwanz, quallenwanze:
Die INSM ist weniger bekannt (in der breiten Bevölkerung, für politisch Interessierte stimmt das ja längst nicht mehr), weil sie in ihrem Wirken niemals als INSM benannt wird - und dann meint jemand, sie nicht benennen zu müssen, weil sie ja weniger bekannt sei???

Selbst, wenn es so ist, ist es die Schuld der Medien: Schließlich ist das eine der einflußreichsten Lobbyorganisationen überhaupt. Die Kritik an ihr lautete nebenbei auch schon vor Jahren nicht, dass sie eine bestimmte Meinung vertritt (das ist ihr gutes Recht), sondern dass sie das hintenrum und heimlich macht. Ihre Vertreter, die in manchen Reportagen/Polit-Journalen/Diskussionen oft geradezu in Rudeln auftraten, wurden nie als solche benannt. Die INSM ist nämlich vor allem mal eine professionelle PR-Maschine und verfügt über allerbeste Pressekontakte!

Ne, pfui ba:
Wenn da bei der TS immer noch Leute existieren, die meinen, so weitermachen zu können (statt dessen mich hier zensieren), ham'se wohl damals den Schuß nicht gehört. Das sind dann schlicht keine Journalisten, sondern Konzern-Lakaien.
Zu vermuten: Vom BR ...

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Ich finde, sie machen sich das ein wenig zu einfach! Aber meine persönliche Meinung: Durch fehlendes "Commitment" zu unserem Staat, konnte so eine Gesellschaft erst entstehen. Ein Mix aus `68 (die heutigen Reichen), nationale Selbstablehnung und der gänzliche Verfall von Werten hat zu dieser desaströsen Schieflage geführt.
Sie können Commitment auch gerne mit Nationalstolz oder Patriotismus ersetzten. Und derjenige, der bei diesen Begriffen ein ungutes Gefühl hat, der beweist damit ja nur, wie recht ich habe!

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aha
"Ein Mix aus `68 (die heutigen Reichen), nationale Selbstablehnung und der gänzliche Verfall von Werten hat zu dieser desaströsen Schieflage geführt.
Sie können Commitment auch gerne mit Nationalstolz oder Patriotismus ersetzten. Und derjenige, der bei diesen Begriffen ein ungutes Gefühl hat, der beweist damit ja nur, wie recht ich habe!"
Aha, also jeder, der mit Ihren Begriffen ein Problem hat, beweist die Richtigkeit Ihrer Gedanken. Ich habe eine Menge Probleme damit, z.B. mit Nationalstolz oder Verfall der Werte. Welche Werte sind denn nach 1945 in Deutschland "verfallen"? Oder welchen Stellenwert kann sowas wie "Nationalstolz" nach dem 20. Jahrhundert noch haben?
PU

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"Welche Werte sind denn nach 1945 in Deutschland "verfallen"?"

Stichwort "Ehre": Ich glaube, dass Politiker früher ein höheres Ehrgefühl hatten, was sie für Korruption sensibler gemacht hat. Ein Gewerkschaftsführer hätte sich nicht "kaufen" lassen; das hätte das Ehrgefühl verboten.

Stichwort "Bescheidenheit": Es wäre einfach als unanständig empfunden worden, hätte man "früher" mit seinem Reichtum so geprotzt wie es heute dt. Manager tun.

Stichwort "Nationalgefühl": Man hätte früher Menschen wie einen Herrn Schumacher als persona non grata gekennzeichent, wenn rausgekommen wäre, dass er seine Millionen ins Ausland schafft. Weil er seinen Reichtum dem eigenen Volk vorenthält.

usw. etc.

Ich sehe in meiner Meinung nichts unanständiges. Ich finde sie nicht mal rechts (oder konservativ in Neu-Sprech), weil es einfach Einstellungen sind, die ein Zusammenleben ohne bürokratischen Propanz ermöglichten. Der heutige Bürokratie-Staat mit all seinen Gesetzen und Verboten ist auch eine Folge der "Nihilisierung" der Gesellschaft. Die Forderung nach einer Revitalisierung eines Wertesystems ist bei mir eher der Wunsch nach einer freieren, entbürokratisierteren Gesellschaft.

...aber es ist doch sehr interessant: Sie fragen "Welche Werte sind nach 1945 verfallen?". Ich habe lediglich die Jahreszahl `68 erwähnt, aber sie denken automatisch, ich hätte Werte vor 1945, also die Hitlerzeit, gemeint. Man kann sehr gut erkennen, dass sie bei bestimmten Schlüsselwörtern (Nationalstolz, "Gustloff", Werte, etc. usw) sofort Assoziationsketten ausgelöst werden, welche dazu führen, dass ich typische Werte von vor 1945 gemeint hätte. Dabei hat ja (fast) jede Nation eine Art Nationalstolz. Würden wir diese Diskussion in einem anderen Land führen, dann wäre diese Assoziation nicht im entferntesten plausibel. Diese Assoziationskette ist typisch deutsch...

Nach meiner Meinung ist auch diese Form von konditioniertem Denken ein Problem: Damit werden Denkverbote aufrechterhalten und damit auch der Status Quo. Und in dieser Situation werden "Reiche" weiterhin gar nicht erst erkennen können, warum sie überhaupt einen Staat-Deutschland finanzieren sollten.

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