Montag, 27. November 2006
Der Sinn des Lebens
Ich finde, man findet viele Gemeinsamkeiten zwischen dem sog. "Amoklauf" von Emsdetten und einem Sebstmordattentat, das man gemeinhin unter "Terrorismus" einsortieren würde. Nicht nur, daß der Täter sein Leben dabei hergab, auch die Motivlage zeigt sehr viel Ähnlichkeit. Aus dem Abschiedsbrief:

Was hat denn das Leben bitte für einen Sinn? Keinen! Also muss man seinem Leben einen Sinn geben, und das mache ich nicht indem ich einem überbezahlten Chef im Arsch rumkrieche oder mich von Faschisten verarschen lasse die mir erzählen wollen wir leben in einer Volksherrschaft. Nein, es gibt für mich jetzt noch eine Möglichkeit meinem Leben einen Sinn zu geben, und die werde ich nicht wie alle anderen zuvor verschwenden!
(...)
Ich will nicht länger davon laufen! Ich will meinen Teil zur Revolution der Ausgestossenen beitragen!

Ich will R A C H E !

weblog.wanhoff.de/?p=598

Tja - gute Frage.
Wo ist er denn, der Sinn? Da haben sich schon ganz andere ihre Köpfe zerbrochen, Camus z.B. landete beim Selbstmord als zentralem philosophischen Problem. Die Antwort der Monty Pythons am Ende des gleichnamigen Filmes lautete in etwa: "Seien Sie nett zu ihren Nachbarn."
Auch gut - aber was machen wir dann, wenn die Nachbarn ihrerseits nicht besonders nett zu einem sind?

Mit dem Zusammenhang von Sinnsuche und Gewalt befaßte sich auch Arno Gruen:

Ich denke, es passiert nicht nur in islamischen, sondern in allen Gesellschaften, dass wir Menschen haben, die durch diese autoritäre Gehorsamkeit, Erziehung, kein eigenes Selbst entwickeln können. (...) Wir haben es jedes Mal mit einem Nährboden zu tun, der auf Armut, auf Entwürdigung, darauf, dass Menschen keinen Sinn haben, gründet. Der Terrorismus gibt den Menschen für einen Moment das Gefühl, das sie jemand sind.

http://www.dradio.de/dlf/sendungen/buechermarkt/165964/

Ich fürchte, Sebastian B. war ein sehr kluger, reflektierender Mensch. Er war immerhin so klug, daß er nicht nur andere sondern auch sich durchschaut hat: "Amok" war das nicht! Und jetzt, wo ich das hier schreibe, bemerke ich an mir: Ich trauere um ihn. Er hätte ebenso ein überaus wertvoller Mensch werden können mit seinen bewußten Erfahrungen und damit, daß er seine Wahrnehmung trotz des verbundenen Leids nicht gegen die angebotenen Surrogate tauschte.
Und, ja: Er war ein Terrorist.
Mit dem Schrecken seiner Sinnlosigkeit müssen wir uns jetzt nämlich rumschlagen.

marvin
Zensiert als neuer Beitrag um 12:17 im Forum "Durch Computerspiele zum Amokläufer?"

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